[sizept=16]Da isser, der Test !![/sizept]
ÖKO-TEST November 2001
Autos, Diesel mit Abgasreinigung
Zwei sauber, einer rein
Die Zuneigung der deutschen Autofahrer zum Diesel steigt. Neue Motor- oder Filtertechniken sollen die Dieselabgase reinigen. Wir haben untersucht, welche Technik wirklich die Krebspartikel verhindert.
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Irgendwo in Deutschland auf der Überholspur: Ein Diesel setzt bei Tempo 200 zum Überholvorgang an und zieht locker vorbei. Ein Szenario, das vor zehn Jahren noch einen Hauch von Science-Fiction gehabt hätte. Heute sind Diesel mit Höchstgeschwindigkeiten von 180, 200, ja über 230 km/h keine Seltenheit mehr.
Auch das Nageln hat ein Ende. Ob Turbodiesel mit "Pumpe-Düse"-Technik oder "Common-Rail"-Einspritzung - die Geräuschkulisse ist kommod, wenn auch noch nicht seidenweich, wie die Hersteller gern vermitteln möchten. Kein Wunder also, dass die früher vor allem in ländlichen Regionen, bei Handwerkern und Kleinbetrieben geschätzten Diesel inzwischen für Otto-Normal-Fahrer zur Alternative geworden sind. Vor allem seit die Preise für Benzin drastisch gestiegen sind, denn Diesel verbrauchen bis zu 40 Prozent weniger, außerdem ist der Liter rund 50 Pfennig billiger. Gerade für Vielfahrer sind das gute Gründe, wie auch Werner von Scheven, ADAC-Vizepräsident für Technik, feststellt: "Besonders in der oberen Fahrzeugklasse gewinnt der Selbstzünder immer mehr Freunde." Den Preis für die Diesel-Vorteile zahlen Menschen mit ihrer Gesundheit. Denn Dieselmotoren produzieren und emittieren Rußpartikel. "Dieselrußpartikel werden von Experten als wahrscheinlich Krebs erregend eingestuft. Langzeitstudien zeigen, dass in Ballungsgebieten mit hoher Partikelemission vermehrt Atemwegs- und Kreislauferkrankungen auftreten", so Werner von Scheven.
Was der ADAC Technik-Chef so vorsichtig formuliert ist unter Verkehrs- und Gesundheitsexperten unumstritten: Besonders die feinsten Rußpartikel unterhalb einer Größe von 3 µm sind gefährlich. Sie erreichen selbst die kleinsten Lungenstrukturen und führen dort zu Erkrankungen, auch zu Krebs. Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt und die Autobauer arbeiten seit langem daran, den giftigen Ruß nicht in die Atemluft gelangen zu lassen.
"Abhilfe könnte ein Rußfilter bringen. An diesem Konzept wird zwar schon gearbeitet. Bei Daimler-Benz jedoch will man das Übel an der Wurzel packen und durch eine Vielzahl kleiner Veränderungen im Verbrennungsraum des Motors den Rußausstoß senken", zitiert der alternative Verkehrsclub VCD eine ARD-Verkehrssendung. Allein, die Sendung flimmerte bereits 1986 über die Schirme. Seitdem hat die deutsche Autoindustrie am Motor gearbeitet, weil sie die Entwicklung eines Filters für PKW für unmöglich hielt. Dabei haben die Ingenieure viel erreicht, den ersten PKW mit Filter jedoch hat Peugeot jetzt vorgestellt.
ÖKO-TEST hat jetzt einen Audi A2 TDI, einen Mercedes A-Klasse 170 CDI und den neuen Peugeot 607 HDI mit Partikelfilter auf die Prüfstände gestellt. Die drei Autos stehen für die wichtigsten Diesel-Motor-Techniken und Abgasreinigungssysteme. Wir wollten wissen: Wie sieht es in der Praxis aus mit Verbrauch, Gebrauchstauglichkeit, den Abgasnormen und vor allem mit den Krebs erregenden Partikeln. Selbstverständlich haben wir wie immer die Innenraumluftbelastung für die Insassen überprüft.
Das sind die Testergebnisse
> Die Abgaswerte für die EURO-3-Norm für Diesel sind schon auf niedrigem Niveau. Alle drei Fahrzeuge unterschreiten die Grenzwerte noch einmal deutlich.
Eindeutiger Testsieger bei den Rußpartikeln ist der Peugeot. Während der Audi und der Mercedes noch 0,025 und 0,0385 Gramm Rußpartikel pro Kilometer in die Luft pusten, sind es beim Peugeot mit 0,002 g/km weniger als ein Zehntel davon. Je 80.000 Kilometer Laufleistung - so lange hält der Filter, danach muss er ausgetauscht werden - emittiert der von uns gemessene Peugeot 607 etwa 150 bis 250 Gramm Dieselruß, die beiden anderen Wagen dagegen zwei bis drei Kilogramm. Damit "ist der Kampf um den Partikelfilter entschieden, nur manche Hersteller haben es noch nicht mitgekriegt", so Axel Friedrich, Abteilungsleiter Verkehr und Umwelt beim Umweltbundesamt in Berlin.
> Die Verbrauchsmessungen auf dem Rollenprüfstand ergaben in etwa die gleichen Werte, wie von den Herstellern angegeben. Dagegen weisen die drei Testkandidaten im Praxisbetrieb höchst unterschiedliche Abweichungen von den Verbrauchsangaben des Herstellers auf. Während der Audi A2 im Durchschnitt nur einen Liter von der Werksabgabe abwich, waren es beim Mercedes 170 CDI schon zwei Liter. Lediglich der Peugeot lag auch im Alltagsgebrauch mit 6,9 Litern dicht an der Werksangabe von 6,7 Liter. Nur bei extrem umweltbewusster Fahrweise und ausgeschalteter Klimaanlage ließen sich auch Audi und 170 CDI dichter an die Werksangaben von 4,3 bzw. 4,9 Liter heranfahren.
> Beim Vorbeifahrtlärm glänzt der Audi, der zwar die deutlichsten "Diesel-Töne" von sich gibt, aber seine Umwelt nur mit 72 dB (A) belästigt. Dagegen sind der Peugeot 607 mit 73 und der Mercedes mit 74 dB (A) zu laut. Das verwundert bei Mercedes, denn die alten 160 und 170 CDI waren leiser.
> Bei der Innenraumbelastung können Diesel eigentlich glänzen. Denn Dieseltreibstoff enthält im Gegensatz zu Benzin kein Benzol. Damit fällt ein wesentlicher Verursacher für Krebs erregende Substanzen im Innenraum von vornherein aus. Mit einer Gesamtbelastung von nur 444 Mikrogramm flüchtige organische Substanzen pro Kubikmeter (µg/Kubikmeter) zeigt sich der Mercedes 170 CDI als absoluter Saubermann. Der niedrige Wert deutet auf gute Auswahl der verwendeten Kunststoffe, Lacke und Schäume im Innenraum. Auch der Peugeot hat mit 1403 µg/Kubikmeter gerade noch akzeptable Werte. Den höchsten je von ÖKO-TEST in einem Autotest gemessenen Wert wies ausgerechnet der Audi auf, obwohl die Ingolstädter Autobauer über eines der weltweit besten Umweltmanagement-Systeme der Autoindustrie verfügen und hierfür auch bei der Bewertung durch den VCD ein "sehr gut" einheimsten. Mit 6726 µg/Kubikmeter liegt der A2 weit oberhalb jener Grenze, bei der das Bundesgesundheitsblatt empfiehlt: "Ein Aufenthalt in Räumen mit Konzentrationen zwischen 1000 und 2500 µg/Kubikmeter ist allenfalls vorübergehend zumutbar."
Harry Assenmacher
Audi A2: Die teuerste Art Benzin zu sparen .
. oder Diesel, ist wohl der von uns gefahrene Audi A2 1.4 TDI. Ab etwa 31000 DM steht der kleine Audi in der Liste, unser Testwagen kam an die 50000-DM-Marke. Am Motor kann das nicht liegen, denn der Pumpe-Düse-Motor stammt aus dem VW-Konzern-Regal und ist von den Audi-Ingenieuren in Ingolstadt hervorragend überarbeitet, angepasst und Platz sparend im A2 untergebracht. Trotz nur 75 PS spurtet der dank viel Aluminium gerade 1065 kg leichte A2 bis 140 km/h gut mit. Ein brummig-sportlicher Ton des Motors gibt sofort bekannt, dass es sich nicht um einen Benziner handelt. Der Sound wandelt sich aber selbst bei hohen Geschwindigkeiten nicht in unangenehmen Lärm. Noch ein Vorteil: Auch wenn der Tacho bei Vollgas Tempo 185 km/h vorgaukelt, die gestoppt immerhin echte 179 km/h sind, begnügt sich der Ingolstädter mit weniger als 6,5 Litern Diesel. Die knuffige und moderne Form entlockte den weiblichen Testfahrern ein "oh wie süß", die männlichen entdeckten gar sportliche Aspekte. Kein Wunder, sorgt doch der Turbo für ordentlichen Durchzug. Absolut sicher, ruhig und stabil liegt der nur 1,67 Meter breite Audi bei jeder Geschwindigkeit und jeder Kurve auf der Straße. In der Stadt gut zu parken und zu bewegen, eine Einparkhilfe ist jedoch ratsam, denn das Heck ist für den Fahrer nicht zu erahnen. Der Arbeitsplatz für den Fahrer bzw. die Fahrerin ist in dieser Klasse weltrekordverdächtig. Sitze, wie sie sonst in der gehobenen Mittelklasse nur als Sonderausstattung zu erfühlen sind. Ein anmutiges und absolut aufgeräumtes Armaturenbrett, das sofort optisch alles zur Verfügung stellt, was an Information benötigt wird. Knöpfe, Griffe und Schalter liegen griffbereit. Das alles vermittelt eine fast gediegene Qualität, kaum vorstellbar, dass da jemals etwas klappert oder locker wird. Durch die hohe Karosserie bietet der A2 viel Kopffreiheit auch für Passagiere auf den Rücksitzen und ist in Verbindung mit seinem über 350 Liter großen Kofferraum als Reiselimousine für drei oder vier Personen geeignet.
Peugeot 607: Komfortable Reiselimousine
Der Peugeot 607 bewegt sich in der oberen Mittelklasse, in Konkurrenz zum Beispiel zur Mercedes E-Klasse, und dabei gibt er kein schlechtes Bild ab: Lange fünf Meter plus glatte elegante Flächen, weit auslaufende Front- und Heckscheibe, letztere tragen erheblich zur Aufheizung des Innenraums bei und fordern geradezu eine Klimaanlage. Sie sorgen auch dafür, dass der Kofferraum groß und geräumig, jedoch vergleichsweise niedrig ist. Weites Durchladen ist erforderlich, dazu kann noch die Rückbank umgeklappt werden. Im Innenraum geht es üppig zu. Der 607 ist eine höchst komfortable Reiselimousine mit viel Beinfreiheit, selbst für fünf Personen mit Gepäck. Prima Langstreckensitze und ein auf den ersten Blick aufgeräumter und übersichtlicher Arbeitsplatz mit zwei lästigen Mängeln. Erstens steht die weit nach vorn geführte Dachsäule beim Linksabbiegen ungünstig im Sichtfeld, zweitens führen die vier direkt am Lenkrad angebrachten und mit zahlreichen Funktionen belegten Bedienhebel zur beständigen Verwirrung. Auch der Bordcomputer mit der "Einknopfbedienung", der über Durchschnittsgeschwindigkeit, Verbrauch, zurückgelegte Strecke usw. informiert, gab selbst nach zweiwöchiger Testfahrt nicht alle Geheimnisse preis. Hier wäre weniger mehr gewesen. Ansonsten gibt es am Peugeot absolut nichts zu mäkeln. Die Verarbeitung macht einen prima Eindruck, kein Klappern oder Rappeln stört, die Türen schließen mit einem tresorähnlichen Geräusch. Für seine Länge ist der 607 auch im Stadtverkehr gut zu handeln, beim Parken hilft die akustische Einparkhilfe und beim Verschließen per Fernbedienung klappt er leise surrend automatisch die Außenspiegel an. Das dürfte den Forscherdrang großstädtischer Spiegelabknicker herausfordern. Was in dem Peugeot Diesel steckt, zeigt der 607 bei den verschiedensten Geschwindigkeiten. Er liegt auch bei Tempo 200 ruhig und gelassen auf der Straße, die Beschleunigung wird manchen überraschen.
Mercedes A-170
Wer sich sonst in den Erzeugnissen der Stuttgarter Autobauer so gar nicht wohl fühlt, der sollte mal eine A-Klasse ausprobieren. Bis auf den Stern auf dem Kühlergrill erinnert nämlich nichts an die automobile Oberklasse. Die Türen öffnen sich leicht und fallen mit hellem Klang, wollen nicht sagen Scheppern, ins Schloss. Die Sitze sind auch in der nunmehr überarbeiteten A-Klasse nicht besser geworden. Auf langen Fahrten sind Pausen zur Rückengymnastik empfehlenswert. Sämtliche Schalter, Knöpfe und Verstellhebel machen einen ausgeprägt koreanischen Eindruck. Auch die redesignte Armaturenlandschaft in tristem Plastikgrau erinnert an preiswerte Produkte aus Fernost. Immerhin, das Ganze ist ordentlich aufgeräumt und übersichtlich. Die Fahrleistung des 1,7-Liter-Common-Rail-Diesel mit 95 PS gibt da schon ein besseres Bild ab. Zügig lässt sich die A-Klasse manövrieren. Auf der Autobahn kratzt der Tacho an der 190 km/h-Marke. Dann ist aber auch das Ende des Sparens erreicht, deutlich an die acht Liter Diesel pro 100 km/h werden aus dem Tank abgefordert. Die Lautstärke ist ab Tempo 140 nicht mehr gesprächsfördernd. Bis auf die etwas eingeschränkte Sicht auf die vordere Stoßstange ist der Wagen übersichtlich, gut zu lenken und zu parken. Die erhöhte Sitzposition erlaubt ein bequemes Ein- und Aussteigen. Bei fast gleicher Länge bietet die A-Klasse deutlich mehr Raum, als der A2 und kann mit Limousinen mithalten. Fünf Personen können gut und gerne Platz nehmen. Für Gepäck ist dann immer noch Staufläche im Kofferraum. Insgesamt bietet die A-Klasse eine Raum-Variabilität, die einen Zweitwagen wirklich überflüssig macht.
So haben wir getestet
Beim TÜV in Essen steht einer der modernsten Rollen-Prüfstände für Abgasmessungen von PKW (Foto rechts unten). Die hoch entwickelte Technik wird auch für Forschungsarbeiten zum Beispiel für das Umweltbundesamt genutzt. Nachdem mit einer Pumpe Abgas aus dem Auspuff auf die - jetzt schwarzen - Rußfilter gezogen wurde, müssen sie für die eigentliche Messung vorbereitet werden (Foto rechts oben). Denn neben Partikeln enthalten sie auch Wasser, das die Messergebnisse verfälschen würde. Für die Messung der Belastung der Innenraum-Luft werden die Wagen beim Eco-Umweltinstitut in Köln zunächst mit Theater-Scheinwerfern auf 40 Grad erhitzt. Danach werden die Schadstoffe über Schläuche abgesaugt und im GC-MS vermessen. Das Gerät vergleicht die Daten von über 50000 Chemikalien in seiner Bibliothek automatisch mit den gefundenen Verbindungen, um sie korrekt zu bestimmen.
Autor: Harry Assenmacher
Testergebnisse per Faxabruf unter:
0190 / 14 20 43 214 [ 0,62 € / Min. ]
http://www.oekotest.de/cgi/ot/otgp.cgi?doc=20654